Auf dieser Seite geht es um ein Klavier, das den Namen Thomann trägt. Das heißt, es handelt sich um eine so genannte Hausmarke eines bekannten Musikhändlers, durch ein reichhaltiges Angebot sowie eine gigantische Logistik beeindruckt, dessen massive China-Importe jedoch für zahlreiche Instrumentenhersteller aus Deutschland zum Problem werden. Zurück zu unserem Instrument: Die für Klaviere eher seltene Farbe Rot macht es zu einem Hingucker. Der Name ist jedoch nur ein Aufkleber, der außen angebracht worden ist. Hausmarken-Klaviere sind Importe aus Billiglohnländern. Aus der Sicht des Marketings ist es ein interessantes Konzept, da es durch die HausMarke einzigartig ist. Auf der Grundlage dieses schlichten Alleinstellungsmerkmals begründet man einen vergleichsweise hohen Preis.
Unser Klavier ist im Inneren genau genommen ein NoName-Instrument. Bewusst hat man auf den Namen des Herstellers sowie einen Hinweis auf das Herkunftsland verzichtet. Es gibt lediglich eine relativ hohe Seriennummer zu entdecken. Die Höhe der Seriennummer gibt den Hinweis, dass das Piano in Asien hergestellt worden ist. Denn es gibt unter den zahlreichen deutschen Herstellern keinen, der auch nur annähernd die Stückzahl von einer Millionen Klaviere erreicht hätte. In Asien gibt es davon hingegen zahlreiche Beispiele (Yamaha, Kawai, Young-Chang,...).
Der verwendete Filz der Marke Royal George lässt mich auf den koreanischen Hersteller Young Chang tippen, der einstmals bei Yamaha gelernt hat, wie man Klaviere baut. Die Verwendung dieser Hammerköpfe ist ein Hinweis auf die Absicht, beim verwendeten Material zu sparen, um das Klavier möglichst günstig anbieten zu können.
Der Blick unter den Spieltisch zeigt, dass sich die Hersteller dieses Klaviers wieder einmal mittels einer so genannten Bass-Brücke um die klangliche Optimierung des Bass-Bereichs bemüht haben. Wie man den Aufnahmen entnehmen kann, konnte sie diese Absicht erfolgreich umsetzen.
Beim Stimmen fällt mir auf, dass die Saiten sehr gut reagieren und sich die Töne exakt einstellen lassen. Das ist dem verwendeten Saitenmaterial zuzuschreiben. Pure Sound Strings sind Saiten ohne Nebenschwebungen, die Anfang 1900 entwickelt worden sind. Vor allem die japanischen Klavierhersteller waren sofort davon überzeugt und haben diese als Standard integriert. Und da die Japaner für die Koreaner und Chinesen das Vorbild sind, das es zu kopieren gilt, werden auch in Korea und zum Teil auch schon in China diese Saiten eingesetzt. Nur nicht in Deutschland. Hierzulande verwendet man die angeblich besseren Saiten Made in Germany, bei denen jedoch die Störung durch Nebenschwebungen zum Standard gehört. Die Stimmbarkeit der Klaviere aus Deutschland ist somit suboptimal. Das ist eine der zahlreichen traurigen Geschichten um den Klavierbau in Deutschland. Der aktuell stattfindende Ausverkauf der letzten deutschen Klavierbauer ist kein Zeichen der hohen Begehrlichkeit, sondern der Beweis mangelnden Willens, auf dem Markt eigenständig bestehen zu wollen.
In der ersten Audio-Datei hören Sie das Klavier, das nach dem Kauf vor circa 20 Jahren weitgehend geschont wurde. Das heißt, es wurde nicht gespielt. Daher wurde es natürlich auch nicht gestimmt. Es ist also nicht nur in sich verstimmt, sondern auch in der Tonhöhe abgesunken. Aktuell steht das Klavier auf 422 Hertz. Das Ziel sind 440 Hertz, da das Klavier gemeinsam mit anderen Instrumenten gespielt werden soll. Das ist ein Fall für die einzigartigen Leistungen der Klavierstimmerei Praeludio. Denn Praeludio bietet aufgrund der der selbst entwickelten Hybrid-Stimmtechnik primaTEK© das Höherstimmen in einem Termin sowie zum Festpreis an.
In der zweiten Audio-Aufzeichnung hört man das um 18 Hertz höher gestimmte Klavier. Der Tonhöhenunterschied ist beträchtlich. Außerdem sind aufgrund der inzwischen erreichten guten Stimmung die ganzen Störungen bestehend aus den verstimmten Einzeltönen sowie der Irritation des Hörsinns aufgrund der fehlenden Spreizung behoben. Daher fällt mir erst beim Probespielen auf, dass das Tonhaltepedal nur unvollständig abhebt.
Das erfordert eine dritte Aufzeichnung mit dem korrekt eingestellten Tonhaltepedal. Jetzt erst entfaltet das Piano das ihm mögliche Resonanzspektrum. Die junge und rundum musikalische Familie ist glücklich. Sie haben gebraucht ein preiswertes Klavier erstanden, das sich nun als ein echtes Schnäppchen erweist.