Vielen Menschen spielen zu Hause Klavier, um sich beim Klavierklang entspannen zu können. Aber ausgerechnet wenn sie auf Kur oder im Urlaub sind, müssen sie auf diese praxiserprobte Möglichkeit zur Optimierung der Erholung verzichten!
Zufällig steht in einer Appartement-Pension der Kurregion Bad Staffelstein ein äußerlich zwar schönes jedoch stark verstimmtes altes Klavier im Wintergarten. Die Gäste nutzen es trotz der Verstimmung. Das Klavierspiel der Gäste wurde von allen als eine besondere Note wahrgenommen. Und so entstand der Gedanke, sich mal um das Klavier zu kümmern. Ist es eigentlich überhaupt noch stimmbar? Kann man es weiterhin benutzen und vielleicht sich selbst auch wieder auf den Weg des Klavierspiels begeben, um darüber sein Seelenleben zu harmonisieren? Die Suche nach einem Ansprechpartner begann. Gefunden wurde die überregionale Klavierstimmerei Praeludio®.
Ein so schönes Klangmöbel bedeutet für jedes Ambiente einen Mehrwert. Die Verpackung des Klangkörpers mit einem ins Wohnzimmer passenden Möbel war ein geschickter Schachzug der Klavierbauer vergangener Zeiten. Denn dadurch wurde der für viele Menschen Ende 1800 neue Gegenstand eines Musikinstruments mitten im bürgerlichen Lebensraum positioniert. Diesen Trick haben inzwischen auch die Hersteller von Keyboards kapiert, die den Tastenkörpern durch eine dem Klavier ähnliche Verpackung einen Mehrwert zu vermitteln versuchen, um so das Keyboard aus seiner bislang üblichen Verbannung in den Keller zu befreien.
Das Instrument des Klavierbauers Georg Hoffmann (Berlin) steht in einem Wintergarten und somit naturnah, was den Erholungscharakter geradezu vervielfältigt. Gefährlich ist der Standort nur insofern, da sich das Klavier direkt über den Lüftungsschlitzen der Heizung befindet. Für das um 1900 gebaute Piano wäre der trockene Luftstrom das sichere Ende, da das Holz dadurch gezielt ausgetrocknet wird. Um einem alten Klavier weiterhin ein langes und für beide Seiten erfüllendes Leben zu ermöglichen, muss man darauf achten, dass im Winter die Luftfeuchtigkeit nicht unter 30 Prozent sinkt.
Ob das Klavier noch stimmbar ist? Um das festzustellen, ist das Probespiel ein erster Schritt. Der Grad der Verstimmung ist hinsichtlich der Fragestellung schon bedenklich. In sich ist das Piano circa einen viertel Ton verstimmt. Ferner sind eine Reihe von so genannten kritischen Tönen zu hören. Das sind Einzeltöne, die in sich auffällig verstimmt sind. Bei den meisten Klaviertönen werden mehrere Saiten gleichzeitig angeschlagen. Wenn sich diese Saiten stark unterschiedlich verstimmen, kann dies ein Hinweis darauf sein, dass im hölzernen Stimmstock, in dem die Stimmnägel sitzen, die die Saitenspannung halten müssen, ein Schaden in Form eines Risses sein könnte. Schon bei diesem ersten Probespiel stellt sich das Instrument mit einem sehr angenehmen Klangcharakter vor. Der ist typisch für die älteren Pianos, die über einen hohen Klangköper und noch von Hand gewalkte Filze auf den Klavierhämmern verfügten. Das Ergebnis wird romantischer Klang genannt, der unsere Ohrmuskeln wie einen Filter für bestimmte Frequenzen moduliert. Dieser Filter kommuniziert an den Hirnnerv, dass er den Körper auf Entspannung einstellen kann. Aus diesem Grund wirkt ein guter Klavierklang entspannend.
Um den Klang vor allem im Bass zu optimieren, hat der Klavierhersteller Georg Hoffmann eine so genannte Bassbrücke verwendet. Diese gibt den Saiten zum einen Länge, verlagert aber gleichzeitig die Auflage des Steges vom Rand weg, so dass er besser schwingen kann.
Das um 1900 gebaute und somit relativ alte Piano hat noch die alte Klaviermechanik, bei der sich die Dämpfung oberhalb des Klavierhammers befindet. Daher bezeichnet man diesen Mechaniktyp als Oberdämpfer(mechanik). Diese Art der Dämpfung hat den Nachteil, dass die Dämpfung oftmals nicht sehr effektiv ist, das heißt, dass einzelne Töne oder ganze Partien nachklingen. Daher hat man die heute übliche Unterdämpfung erfunden, bei der die Dämpfung unterhalb des Hammers und somit weiter vom Rand entfernt positioniert ist. Sie dämpft zwar besser, ist jedoch im Spielgefühl nicht so angenehm wie die Oberdämpfung, die eher dem Charakter einer Flügelmechanik entspricht, da auch hier nur Gewichte bewegt werden. Im Gegensatz dazu muss man bei einer Mechanik mit Unterdämpfung eine Federkraft überwinden, da hier nämlich die Dämpfung mittels einer Feder gegen die Saiten gedrückt wird. Das Überwinden der Federkraft vermittelt aber ein dem Spiel am Keyboard ähnliche Wahrnehmung, das wir im allgemeinen als weniger angenehm bewerten. Die höchste Bewertung hinsichtlich des Spielgefühls haben bislang nur die Tasteninstrumente, bei der man eine physikalisch echte Mechanik und somit Gewichte bewegt. Dieses Empfinden beim Drücken der Tasten bezeichnen wir daher aus authentisch.
Zurück zur Stimmhaltung und der guten Stimmung: Die Überprüfung der Stimmnägel ergaben, dass sie noch halten. Weder auf dem Resonanzboden noch an den Stegen waren Risse erkennbar. Vergleicht man nun das Probespiel am Anfang mit dem Endergebnis, so haben sich die Töne und damit verbunden der Klang harmonisiert. Mit der Präzision der Töne wurden auch die Intervalle wieder exakt. Die Tonlage ist in allen Partien angeglichen. Diese Hörbeispiele enthalten einen dritten Teil, und somit eine Art Zugabe. Dabei habe ich die Verstimmung bzw. Stimmung im Diskant dokumentiert. Am Anfang klingt dieser Teil in der oberen Lage eher jämmerlich. Am Ende dagegen weckt die Brillanz der guten Stimmung im Diskant die Hörlust, die mehr von dieser Stimmung hören will! Dabei handelt es sich somit um einen ganz konkreten Mehr-Wert, der über die gute Stimmung erreicht wird.
Falls Sie grundsätzlich an Pianos des Klavierbauers Georg Hoffmann interessiert sind, finden Sie hier ein weiteres Hörbeispiel, aufgenommen in der Region Bayreuth.